Sammler des kleinen Glücks

Jonathan Pielmayer

Café Maître

16. April 2023
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Scherenschnitte auf Weiß. Grüngraues Passepartout, schmaler, heller Holzrahmen. Dargestellt im geschnittenen Schwarz: Kellner:innen. Natürlich. Ich sitze im Café Maître. Allerdings mehr männliche Bedienstete. Alle im Frack, bis auf einen, der serviert im Hoodie.
Ich mag das Maître. Die Zwischenwände aus Glas und weißem Holz im Jugendstil. Grauer Stuck. Die dunkelrot gestrichene Wand. Ein staubig-schmutziges Dunkelrot. Unregelmäßig gestrichen. Es erinnert mich an einen gemütlichen Teppich aus flauschigem Kurzflor. Je nach dem, wie die Fasern liegen, brechen sie stärker oder schwächer das Licht. Einmal drüber gehuscht und der Teppich scheint fleckig. Dann – dann streicht man sachte alle Fasern in eine Richtung und plötzlich schimmert alles im Gleichklang.
Hier im Café schimmert die aufgeregte Geschwätzigkeit der Gäste im Gleichklang. Geschwätzigkeit kann ja gar nicht Schimmer. Aber es passt so gut.
Passt so gut, so überaus gut, wie der Raum hier mit den vielen gerahmten Bildern an den Wänden. Gemälde, Illustrationen, Fotos, Plakate … Und die Kellner:innen auf dem grüngrauen Passepartout. Dieses staubig-schmutzige Grün, das so gut mit dem fleckigen Wände-Rot und dem dreckigen Stuck-Grau harmoniert.
Auf dem Streuselkuchen am Nebentisch strahlt der Puderzucker.

Bierkneipe Goldhopfen

14. April 2023
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Drei der acht Wandhaken sind herausgebrochen. Links neben dem WC. Verchromte Garderobenhaken. Wobei ohnehin alle Mäntel und Jacken über den Stuhllehnen im Gastraum hängen.
Ein kunterbuntes Mobiliar-Ensemble, eine aus MDF-Platten zusammen gezimmerte Bar und eine umfangreiche Palette von angebotenen Biersorten. Die Wände sind unverputzt und kahl. Für Berlin wäre das alles schon zu 2000er. Aber nicht hier. Hier, wo die Leute nicht so viel auf Kleidung geben. Aber das wohl kuratiert.

An der Stirnseite der Kneipe, beim Eingang, schauen die resignierten Augen eines afrikanischen Mittfünfzigers über die Tische hinweg. Die Falten seiner Stirn schauen aus dem Schatten seiner Basecap hervor. Sein Vollbart ist stoppelkurz, aber alles, alles an seiner Erscheinung, wird von seiner Brille dominiert. Von den markanten, abwechslungsreichen Rundungen der Porschebrille – mit ihren großen Gläsern, die wie keine zweite für Erfolg, unermüdlichen Hustle und dem definitiven Glauben an sich selbst steht. Und manchmal auch nur für einen Traum von all dessen.
Dieses schwarz-weiße Portrait-Graffito des Afrikaners reicht bis unter die Decke. Sein Blick wirkt traurig. Müde. Als wollte er sagen: Die rauen Wände hier, sie sind doch nur fadenscheinige Attrappen in eurem sorglosen, biergekühltem Leben.

Audiospur: Paris

12. März 2023
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Für einen ehemaligen Food-Blog entwarf ich die Kategorie „Schlemmercast“ – einen Spoken Words-Beitrag. Quasi, einen Mini-Podcast. Leider gab es nur diese eine Folge, weil ich kurz danach den Blog aus persönlichen Gründen schloss.

Schlemmercast Paris

Ein italienischer Sommer

20. Dezember 2022
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Es ist einer der Abende, an denen man einfach nur nach Hause will. Aber dann stellt sich exakt der Mensch einem in den Weg, der es auch schon zu Schulzeiten auf dem Pausenhof stets gemacht hat. Doch diesmal langt kein Schokoriegel, um sich wieder freikaufen zu können. Diesmal muss man sich der Übermacht stellen und auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Umso beängstigender, dass Salva plötzlich ganz sanftmütig geworden scheint.

Die Monroe im Atombunker

20. Dezember 2022
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»Ich will nicht in dieses betreute Wohnen, niemals,« brülle ich Sascha durch den Hörer an, als wir dann doch einmal zusammen telefonieren. »Es ist ja nicht einmal die Angst vor den anderen Menschen, es ist die erbärmliche Ohnmacht jemand anderem ausgeliefert zu sein. Wie ein Nackter auf dem Seziertisch. Ein lebender Nackter!«

Curry in Kenia

19. Dezember 2022
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Es ist das eigentliche Abenteuer ihrer Wochenenden: Wenn Pia und Mika Sonntags die geheimnisvolle Zeitung vor ihrer Tür finden. Sie wissen nicht, wer sie dort immer hinlegt, aber jeden Sonntag ist es ein Exemplar aus einem anderen Teil der Welt. Und jeden Sonntag tun die beiden so, als ob sie in eben jenem fremden Land gerade frühstücken würden. Mit allen Leckereien, welche die unbekannte Region zu bieten hat. Bis eines Tages die Türschwelle leer bleibt.

Eine zauberhafte Kurzgeschichte, bei der Liebe durch den Magen geht. Eigentlich schon ein kulinarisches Märchen.